Ingenieure im ländlichen Raum unter Preisdruck
„Bisher waren die kleineren Büros vor Ort der erste Ansprechpartner für alle Ingenieursaufgaben“, schilderte Werner Weigl, Geschäftsführer von BBI, die Situation im ländlichen Raum. Man sei ein vertrauter Partner beispielsweise der Kommunen gewesen. So auch BBI mit ihren knapp 70 Mitarbeitern in Landshut und fünf weiteren Standorten in Bayern. Durch die enge Bindung sei zum einen die Auftragsgewinnung leichter gewesen, zum anderen aber hätten die Ingenieure eine besondere Verantwortung getragen. Davon hätten beide Seiten, Auftraggeber und -nehmer, profitiert.
Dies ändere sich aber seit geraumer Zeit. Selbst für kleinste Aufträge würden von der öffentlichen Hand, obwohl von der Haushaltsordnung nicht verlangt, zahlreiche Angebote eingeholt werden. „Die Folge ist ein gnadenloser Preiskampf“, veranschaulicht Werner Weigl, gleichzeitig Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. Qualität hat aber ihren Preis. Nicht der mit dem billigsten Angebot, sondern der mit dem besten solle nach Meinung der Ingenieurekammer bei Ausschreibungen zum Zuge kommen. „Wir brauchen einen Leistungs- anstelle eines Preiswettbewerbs“, fordert Ingenieur Weigl.
Florian Oßner verwies in diesem Zusammenhang auf die negativen Folgen von unausgewogener Planung und unterschätztem Risikopotential: „Am Ende stehen häufig enorme Folgekosten“, so Oßner, Berichterstatter für die Auftragsverwaltung im Bundesverkehrsausschuss. Gerade bei Großprojekten sei das oft der Fall. Eine Reformkommission unter der Führung von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt habe daher eine Änderung der Vergaberichtlinien angeregt.
Nachwuchsgewinnung schwierig
Eng mit dem enormen Konkurrenzdruck ist die Frage der Nachwuchsgewinnung verbunden. Durch die steigenden Studierendenzahlen würden immer mehr junge Menschen auch nach dem Studium die Attraktivität der Großstädte dem Leben in ländlichen Gegenden vorziehen. Dadurch werde es für dortige Ingenieurbüros schwieriger, kompetenten Nachwuchs zu gewinnen. Kreisrat Oßner wusste um die Problematik, machte aber deutlich, dass die Politik hier versuche, entgegen zu steuern. Die breitere Verteilung von Hochschulstandorten sei hier ein gutes Beispiel, so der Abgeordnete. Dies komme den Büros auch hier in Landshut und Umgebung zugute. Zudem spielen gut funktionierende Verkehrswege sowie die Versorgung mit schnellem Internet dabei eine wesentliche Rolle, so Oßner als Mitglied im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Ergänzend dazu führte Geschäftsführer Weigl eigene Initiativen, mit denen die Ingenieurbüros selbst aktiv Nachwuchs rekrutieren könnten, an. So habe man bei BBI Bauer Beratende Ingenieure GmbH ein Bündel an Maßnahmen ergriffen. Durch standortübergreifende Vernetzung, die Einstellung von Werkstudenten, die Bereitstellung von Praktikumsplätzen oder dem Angebot an Bachelor- und Masterstudenten, bei BBI ihre Abschlussarbeit zu entwickeln, verfüge man mittlerweile über einen guten Stamm an interessierten und engagierten Nachwuchsingenieuren. Damit binde man qualifizierte Arbeitskräfte in der Region Landshut, lobte Florian Oßner das Konzept des Ingenieurbüros.
Bundestagsabgeordneter Florian Oßner (li.) und Werner Weigl, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, tauschten sich über die Lage der Ingenieurbüros im ländlichen Raum aus.