Obergrenze von Migranten darf kein Tabu sein
Mehr Information, mehr Ordnung und mehr Ehrlichkeit in der Flüchtlingskrise – das sind die Schlagworte, mit denen man das Kamingespräch bei der Klausurtagung der CSU im Landkreis Landshut zusammenfassen kann. Die Bürgermeister, Kreisräte, Ortsvorsitzeden und Kreisvorstandsmitglieder um Bundestagsabgeordneten und Kreisvorsitzenden Florian Oßner haben sich in Bad Gögging mit Regierungspräsident Heinz Grunwald und den Flüchtlingsbeauftragten von Stadt und Landkreis Landshut, Thomas Link und Jakob Fuchs, über die aktuelle Situation in der Region ausgetauscht. Einer der Kernpunkte der Diskussion: Die aktuellen Geschehnisse sind mittlerweile mehr Zuwanderung als Flüchtlingsstrom und die Herausforderungen sind gewaltig.
Thomas Link, der für die Stadt Landshut an vorderster Front mit der Thematik der Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge befasst ist, wünscht sich, dass einige der Entscheidungsträger sich ein noch klareres Bild von den täglichen Herausforderungen machen würden. „So mancher sollte einfach mal aus seinem Elfenbeinturm kommen und sich die Situation in den Aufnahmeunterkünften einmal selbst ansehen“, bemerkte Link.
Falsches Instrumentarium
„Das Asylrecht gilt für politisch verfolgte Menschen und ist nicht für den Ansturm gemacht, den wir gerade erleben“, ist sich Grunwald sicher. Im Jahr 2008 wären noch 38.000 Asylanträge in Deutschland gestellt worden. In diesem Jahr würden es wohl 800.000 oder gar mehr Menschen sein, deren Anträge zur Bearbeitung anstünden. Diese Herkulesaufgabe müsse aber mit dem gleichen Personalstamm erledigt werden wie vor 7 Jahren.
Selbst wenn nun keine weiteren Flüchtlinge mehr ankommen würden, bräuchten die Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) viereinhalb Jahre, um den Rückstand von aktuell 400.000 Anträgen abzuarbeiten. „Die Zahl der Asylsuchenden passt nicht mehr zu dem Verfahren, das wir anwenden“, so Grunwald. „Wir gehen mit den falschen Instrumenten an die Sache heran.“
Dem stimmte Bundestagsabgeordneter Florian Oßner zu. Laut Oßner kann die Bundespolitik aktuell die Voraussetzungen schaffen, damit künftig eine schnellere Abarbeitung der Asylanträge ermöglicht werde. „Es sind 1.400 zusätzliche Planstellen für das BAMF geschaffen worden, die nun besetzt werden müssen. Der Bund greift zudem mit einem erhöhten Pro-Kopf-Zuschuss sowie einem Sonderbetrag von 6,7 Milliarden Euro den Kommunen finanziell stark unter die Arme“, so Oßner.
Laut Grunwald kommen mittlerweile kaum noch Menschen nach Deutschland, die in Syrien zum Beispiel wegen ihres christlichen Glaubens vom Islamischen Staat verfolgt werden. Stattdessen stünden nun vor allem muslimische Syrer und auch eine große Zahl von Menschen unterschiedlicher Nationalitäten aus den Nachbarregionen an den Grenzübergängen. Diese erhofften sich schlicht ein materiell besseres Leben und unterschieden sich nicht von den Flüchtlingen aus dem Balkanraum. Auch dort seien die Lebensbedingungen katastrophal, wie auch Jakob Fuchs aus eigenem Erleben einzuschätzen weiß. Grundsätzlich seien diese beiden Gruppen prinzipiell erst einmal nicht unterschiedlich zu behandeln. In der Wahrnehmung der Öffentlichkeit würden oft Unterschiede zwischen den syrischen Flüchtlingen und beispielsweise den Kosovaren gemacht. „Man kann die Menschen für das Asylverfahren aber nicht so einfach in Länder-Schubladen stecken“, erklärte Grunwald.
Ordnung notwendig
Fuchs plädierte für mehr Ordnung bei der Aufnahme von Asylbewerbern: „Wir können und wollen Menschen aufnehmen, aber nur in einem vernünftigen Umfang.“ Für den Landkreis Landshut sei bei 1800 Asylbewerbern eine Grenze erreicht. „So viele Menschen können wir organisatorisch und sozial verträglich integrieren, alles andere überfordert uns gesellschaftlich.“ Es seien bereits 40 dezentrale Unterkünfte eröffnet worden.
CSU-Fraktionsvorsitzender Daniel Sporer – stellvertretend für die zahlreich anwesenden Kreisräte – wies auf die Integrationsherausforderungen hin: „Unsere arbeitsteilige Wirtschaft braucht viele Facharbeitskräfte mit guten Sprachkenntnissen. Da gibt es erhebliche Defizite bei den Migranten“, so Sporer. Bezirksrätin Martina Hammerl verwies auf die soziale Problematik mit den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen – der Bezirk setze sich stark dafür ein. Den anwesenden Bürgermeistern sprach Sebastian Satzl aus der Seele: „Alle Gemeinden im Landkreis Landshut, ob groß oder klein, tun alles dafür, der Lage Herr zu werden. Da hilft es keinem, dass man gegenseitig ausgespielt wird.“ Es schloss sich eine rege Debatte mit den Referenten an.
Link berichtete von den absurdesten Gerüchten, mit denen Schlepper viele Menschen ködern: „Ich bin von so vielen Neuankömmlingen zum Beispiel schon gefragt worden, wo sie die gebratenen Tauben bekommen, die ihnen versprochen worden sind.“ Aus diesen Erfahrungen heraus sei es dringend notwendig, in den Herkunftsländern wirkungsvolle Aufklärungskampagnen zu starten. „Wenn die Menschen Bescheid wüssten, dass hier nicht das Paradies wartet, würden sich sehr viel weniger auf den Weg machen.“
Informationsfluss verbessern
Aber auch die einheimische Bevölkerung müsste laut Link noch besser informiert werden. Denn auch die Diskussion vor Ort sei von vielen Halbwahrheiten geprägt. „Die Menschen bekommen zum Beispiel kein Begrüßungsgeld. Und wenn ein Asylbewerber Markenkleidung trägt, die sich mancher Deutsche nicht leisten kann, dann hat er wahrscheinlich bei der Ausgabe von Kleiderspenden Glück gehabt.“ Link forderte eine neutrale Informationsplattform, auf der die aktuelle Lage für die Bürger dargestellt werde. „Denn die Stimmung in der Bevölkerung verschlechtert sich zunehmend und wir dürfen die Menschen auf der Straße nicht an die Rechtspopulisten verlieren.“
Oßner bekräftigte, dass genau das erklärtes Ziel der CSU sei: „Wir treten für eine offenen und ehrlichen Umgang mit dem Flüchtlingsthema ein. Dazu gehört aber auch, dass wir deutlich auf die Schwierigkeiten hinweisen, die eine zu liberale Flüchtlingspolitik mit sich bringt.“ Die bereits beschlossenen Regelungen, um die Asylverfahren zu beschleunigen und den Zustrom zu begrenzen seien nur auf Drängen der CSU in Berlin zustande gekommen. Jetzt müssten weitere Schritte folgen. Dabei dürfen die Debatte um eine mögliche Obergrenze und der ausgesetzte Familiennachzug keine Tabus sein. Schließlich müsse sich die Gesellschaft um die wirklich schutzbedürftigen Menschen kümmern können. „Deshalb ist es ein wichtiges Signal, dass für alle Menschen aus Syrien nun wieder das normale Asylverfahren angewendet wird, das nicht sofort und automatisch das Bleiberecht gewährt – unser Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière bekommt da von uns volle Rückendeckung.“
CSU-Kreisvorsitzender und MdB Florian Oßner, Regierungspräsident Heinz Grunwald, die Flüchtlingsbeauftragten Thomas Link von der Stadt Landshut und Jakob Fuchs vom Landkreis Landshut (von rechts) im Gespräch mit zahlreichen Bürgermeistern, Kreisräten, Ortsvorsitzenden und Vorstandsmitgliedern über die richtigen Maßstäbe in der Flüchtlingskrise